Beteiligung in Betrieben ohne Betriebsrat – Ergebnisse einer Umfrage im Projekt KomKI 

Beteiligung in Betrieben ohne Betriebsrat – Ergebnisse einer Umfrage

Betriebsräte können seit dem Betriebsratsmodernisierungsgesetz (BRModG) nach einem vereinfachten Wahlverfahren in Betrieben mit mindestens fünf Beschäftigten gewählt werden und diese bei Problemen im Betrieb als demokratisch gewählte Interessenvertretung unterstützen. In kleinen Betrieben und im Handwerk gibt es selten Betriebsräte. Warum das so ist, und was Beschäftigte in solchen Betrieben von speziell bei der Einführung von KI – Betriebsräten und Gewerkschaften erwarten, war Thema einer Befragung, die im Rahmen des KomKI-Projekts durchgeführt wurde. Grundlage waren eine online-Umfrage, Interviews mit Beschäftigen in Betrieben ohne Betriebsrat und Expertengespräche mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern.

 

 

Schlaglichtartig einige zentrale Ergebnisse: mehrheitlich informierten die Befragten sich bei Fragen zum Thema Arbeits- und Sozialrecht im Internet (29 %), durch Erfahrungen und das Know-How ihrer Kolleginnen und Kollegen (27 %) und gleichermaßen der Familie oder bei ihrem Chef oder ihrer Chefin (je 9 %). Etwas anders sieht es bei Fragen rund um die Grundlagen in diesem Bereich aus: hier ist es vor allem die Informationssuche im Internet (23 %), eine Gewerkschaft (20 %) oder ein persönlich bekannter Betriebsrat mit 12 %. Bei Fragen zu Problemen rund um den Job sind es vor allem die Kolleginnen und Kollegen (27 %), Vorgesetzte (21 %) und das Internet (14 %).

Bei üblicherweise tariflich abgesicherten Regelungen wie Arbeitszeit zeigte sich, dass 25 % eine 40 Stundenwoche und 20 % eine 38 Stundenwoche haben. Interessant war, dass die tatsächliche Arbeitszeit höher war: 42 Stunden arbeiteten 11 %, 44 Stunden 6 % und 45 Stunden 17 %. Beim Urlaub hatten rund zwei Drittel der Befragten einen Jahresanspruch von sechs Wochen, also deutlich mehr als der Mindestanspruch von vier Wochen nach dem Bundesurlaubsgesetz. Eine Interessenvertretung oder ein Sprachrohr der Beschäftigten hielten 9 von 10 Befragten für sinnvoll und hilfreich. Dies steht der leichten Mehrheit gegenüber, die sich wie oben geschildert dafür äußerte, Probleme und Ansprüche gegenüber dem Chef/der Chefin selbst zu klären. Dennoch lässt sich resümieren, dass eine wie auch immer geartete kollektive Aushandlung der Arbeitsbedingungen mehrheitlich als sinnvoll erachtet wird.

 

In prekären Arbeitsverhältnissen weniger Chancen auf einen Betriebsrat – in den hochqualifizierten Jobs häufig nach Konflikten

 

In den qualitativen Befragungen wurden zwei Linien deutlich, die es erlauben, die Ergebnis-se der Befragung zu bündeln: Zum einen gab es Betriebe und Bereiche, wo durch befristete Verträge, einen autoritären Führungsstil, keine gemeinsamen Arbeitszeiten und -orte (wie beispielsweise bei ambulanten Pflegediensten oder Zustelldiensten im Essensbereich oder der Logistik) und sprachlichen Schwierigkeiten auf individuelle Lösungen gesetzt wurde, häufig sind das Basisarbeiten in prekären Arbeitsverhältnissen. Diese reichen vom „Job-Hopping“ über „Dienst nach Vorschrift“ zu heftigen Auseinandersetzungen mit der Chefetage. In diesen Bereichen ist eine sozialpartnerschaftliche Lösung von betrieblichen Konflikten (noch nicht) vorstellbar, hier müssen, teilweise mit gewerkschaftlicher Unterstützung, die (Mindest)Arbeitsbedingungen erstritten werden.

In einem weiteren Segment mit hochqualifizierten Beschäftigten, die in der Regel nach schulischer und akademischer Bildung ohne betriebliche Ausbildung in den Betrieb ein-münden, setzen die Beschäftigten auf individualisierte Lösungen, eine Strategie, die nach den Angaben der Befragten in der Ausbildung erworben wurde und sich bewährt hat. In die-sen Bereichen herrscht häufig die Einstellung vor, Betriebsräte und auch Gewerkschaften wären eher und ausschließlich ein Instrument der „prekär Beschäftigten“ und für sie selbst als Fachleute und Spezialistinnen und Spezialisten nicht geeignet, „das brauche ich nicht“. Gerade in kleineren Betrieben, in denen sich eine Arbeitsteilung, verbunden mit hierarchischen Strukturen, erst bei der Etablierung des Unternehmens herauskristallisiert, gibt es eher Bestrebungen, einen Betriebsrat zu gründen. Ein zentrales Ergebnis: ein als ungerecht und/oder unfair empfundenes Arbeitsverhältnis, keine geregelten Arbeitszeiten oder gesicherte Urlaubsansprüche, ein mitunter als willkürlich erlebtes Vergütungssystem oder ein sich den notwendigen Veränderungen als sperrig-ablehnend erweisender Arbeitgeber begünstigen in diesen Fällen Initiativen zur Bildung eines Betriebsrates.

Als vorläufiges Fazit zeichnet sich ab: erst in konflikthaft sich zuspitzenden Arbeitsverhält-nissen werden Betriebsräte tendenziell als sinnvolle und hilfreiche Möglichkeit gesehen. Diese „Nicht-Normalität“ stärkt die mitunter in der Öffentlichkeit präsentierte Einstellung, Betriebsräte als Unruhestifter und „Chaoten“ darzustellen. Um dieses Dilemma aufzulösen, bedarf es des weiteren Ausbaus gewerkschaftlicher Unterstützungsangebote gerade im Bereich der Transformation und einer Einsicht der Arbeitgeber, dass Betriebsräte nicht nur rechtlich geboten sind. Sie können einen wesentlichen Beitrag leisten, in einer Art „Konflikt-Partnerschaft“ (Müller-Jentsch,) die legitimen Interessen der Beschäftigten geltend zu machen und diese in vertrauensvoller Zusammenarbeit mit der Betriebsleitung und den betrieblichen Belangen der Firma auszubalancieren.

 

Für Betriebsräte wurde im Projekt KomKI eine Handlungshilfe entwickelt, die Sie hier finden. 

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